Wissenschaft
contra Jagd - Füchse
Der Fuchs (Vulpes vulpes) ist ein extrem anpassungsfähiges Tier.
Sein Speiseplan ist sehr variabel, an jedem Ort sieht er anders aus, je
nach den Ressourcen, die sich ihm bieten. Klassische Beute sind Wildkaninchen, Wühlmäuse
und Vögel, Insekten sowie andere wild lebende Säugetiere und Früchte.
In Österreich werden jährlich zwischen 50.000 und 60.000 Füchse
erlegt.
Als Begründung gelten nachfolgende Argumente.
Tollwut
Jägerargumentation |
Füchse können Träger der Tollwut
sein. Im Falle einer Übertragung der Tollwut auf den
Menschen könne es bei ihm zu einer tödlichen Infektion führen. Daher
sei der Fuchs
"kurz" - sprich in geringer Populationsdichte - zu halten. |
Fakten |
In
Europa wird ein regelrechter Vernichtungsfeldzug gegen den Fuchs geführt:
mit Schrot, Fangeisen und Fallen - und zwar das ganze Jahr. Doch die Ausbreitung der Tollwut wurde
durch keine der Maßnahmen gestoppt. Ganz im Gegenteil, die
Verbreitungsgeschwindigkeit der Tollwut nahm durch die Jagd in
Europa sogar zu.
Der Schweizer Kanton Wallis ist durch Impfaktionen seit 1981
tollwutfrei. Diese Aktion kostete das Wallis 106.800 Franken im
Jahr, während der angrenzende Kanton Bern - flächenmäßig nur
wenig größer - 818.146 Franken für die Tötung einer großen Zahl
von Füchsen und für die Impfung des Viehs ausgab, ohne die Tollwut
einzudämmen.
Dort wo man Füchse einfach sich selbst überließ, erlosch die
Tollwut nach einiger Zeit von selbst (z. B. Nationalpark
Berchtesgaden, Versuchgebiet Grafenau/Bayer. Wald)
In Österreich gibt es seit Jahren keine Infektion mehr. Mit Beginn
1991 wird flächenmäßig regelmäßig mittels Fischmehlköder
geimpft. Die Zahl der infizierten Tiere ist rapide gesunken so
dass Österreich am 28. September 08 von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen
Tierseuchen- organisation (OIE) zum tollwutfreien Gebiet erklärt
wird.
(orf.at/11.9.08) |
Top Fuchsbandwurm
Jägerargumentation |
Der
Kleine Fuchsbandwurm (Echninococcus multilocularis) ist ein
Tierparasit, dessen Endwirt der Fuchs ist. Im Dünndarm des
infizierten Fuchses können sich zahlreiche erwachsene Bandwürmer
aufhalten, deren Eier mit dem Kot ausgeschieden werden. Die Eier
werden zunächst von einem Zwischenwirt - meist Nagetiere wie etwa
Feldmäuse - aufgenommen.
Für den Endwirt - in diesem Fall den Fuchs - ist der Bandwurmbefall
kaum schädlich; für den Zwischenwirt verläuft er jedoch tödlich.
Für den Menschen, der als möglicher Fehlzwischenwirt eine
"Sackgasse" für den Bandwurm darstellt, können die
Infektionsfolgen
nach zehn bis 15 Jahren ebenfalls so verlaufen.
Menschen kämen dann in Gefahr, sich mit dem Fuchsbandwurm zu inifizieren, wenn sie Bandwurmeier z.B. durch den Verzehr
ungewaschener Beeren, die zuvor mit Ausscheidungen des Fuchses in
Kontakt gekommen sind, aufnehmen.
Damit der Mensch gut gegen diese Gefahr geschützt ist, müsse der
Fuchs bejagt werden. |
Fakten |
Die
Echinokokkose wurde mit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes
am 1. Januar 2001 in Deutschland meldepflichtig; daher liegen
seitdem akkurate Zahlen über die Anzahl an Infektionen vor. Das dafür
zuständige Robert-Koch-Institut
in Berlin veröffentlicht die ausgewerteten und bestätigten
Meldungen in den jeweiligen infektionsepidemiologischen Jahrbüchern.
Demnach wurden im Jahr 2001 deutschlandweit zwölf Erkrankungsfälle
an alveolärer Echinokokkose gemeldet; 2002 waren es sechs, 2003
insgesamt 21 und 2004 16 Meldungen. Das Erkrankungsrisiko ist in
Deutschland also äußerst gering; zudem gibt es einige zuverlässige
Schutzmaßnahmen gegen die Infektion. Vergleichbare Zahlen sind für
Österreich analog im Verhältnis zu Deutschland anzunehmen.
Ein Großteil der Erkrankungen betrifft übrigens Angehörige von
"Risikogruppen". Dazu gehören beispielsweise Jäger, die
ohne Vorsichtsmaßnahmen (z.B. Mundschutz) getöteten Füchsen das
Fell über die Ohren ziehen und am Fell haften gebliebene
Bandwurmeier einatmen. Grundsätzlich waren in den meisten der im
Jahr 2004 erfassten 16 Fälle Personen betroffen, die im weitesten
Sinne im landwirtschaftlichen Sektor oder im Forst- bzw. Jagdbereich
tätig waren. Man geht daher davon aus, dass erst eine
Dauerexposition und nicht bereits die einmalige Aufnahme von
Bandwurmeiern zur Erkrankung führt. Für den Durchschnittsbürger
ist die Infektionsgefahr damit äußerst gering.
Der häufig zitierte Infektionsweg über den Verzehr mit
Bandwurmeiern kontaminierter Beeren oder Früchte wird heute grundsätzlich
angezweifelt, da hierfür bislang kein wissenschaftlicher Beleg
erbracht werden konnte. Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit
einer Benetzung bodennah wachsender Beeren mit Fuchskot
verschwindend gering ist - einerseits koten Füchsen nicht auf ihre
Nahrung, andererseits verfügen viele wildwachsende Beerensträucher
über Stacheln, die ein solches Verhalten äußerst unbequem machen
würden.
(Sréter, T., Széll, Z., Sréter-Lancz, Z., Varga, I. (2004):
Echinococcus multilocularis in Northern Hungary. Emerging Infectious
Diseases, 3.
Kern, P. et al. (2003): Human Alveolar Echinococcosis in Europe,
1982-2000. Emerging Infectious Diseases, 3.
www.fuechse.info) |
Top Gefahr
für jagdbares Niederwild
Jägerargumentation |
Der
Rotfuchs reißt jagdbare Tiere, wie Feldhasen, Rebhühner und Fasane
sowie Rehkitze, die selber nicht zum Niederwild zählen. Der Bestand
an Niederwild sei dadurch gefährdet. |
Fakten |
Abgesehen
davon, dass sich die Jagd auf den Rotfuchs (und andere
Beutergreifer) nicht dadurch rechtfertigen läßt, dass sie Schaden
an ansonsten für Jäger jagdbare Tiere verursachen, sind die von
den Jägern gebrachten Argumente falsch oder bewußt falsch.
Feldhasen
Füchse können kurzzeitig bis zu 55km/h erreichen, halten diese
beachtliche Geschwindigkeit jedoch nicht über größere Distanzen
durch. Gegenüber ausgeprägten Fluchttieren wie etwa Feldhasen
stehen sie damit auf verlorenem Posten – Hasen erreichen mühelos
70km/h und sind dabei weitaus wendiger als ein Fuchs, wodurch der
Feldhase nicht zum typischen Beuteschema paßt. Kranke und
verletzte Feldhasen können hingegen Opfer von Rotfüchsen sein, was
der natürlichen Auslese dient.
In Polen ist der Fuchs für etwa 10-12 Prozent der Mortalität beim
Feldhasen verantwortlich (und das ist ein wesentlich höherer
Prozentsatz als in anderern Ländern Europas), die Jagd dagegen für
40 Prozent. Wenn der Fuchs schädlich für dieses jagdbare Tier
ist, dann sind es die Jäger doch erst recht!
(Prof. Carlo Consiglio, "Vom Widersinn der Jagd",
2001, S. 111 ff.)
Fasane
Im Jahr 2009/10
wurden mehr als 103.000 Fasane umgebracht, was nach den Rehen und
Hasen die höchste Zahl an getöteten Wildtieren in Österreich ist.
Fasane kommen aus Asien. Sie sind in Österreich nicht heimisch und
nicht selber überlebensfähig.
In Fasanerien werden die Vögel zu Tausenden auf engsten Raum gezüchtet.
Kurz vor der Jagd werden sie in großer Zahl in die Freiheit
entlassen, damit sie als bunte Zielscheibe den "Naturschützern"
dienen.
Damit möglichst viele ausgesetzte Fasane überleben können,
werden die Füchse gezielt intensiv vor dem Aussetzen der Fasane
geschossen.
Totalabschuss als Beweis gegen die Jagd
Über eine Zeitspanne von sechs vollen Jagdjahren (1990 bis 1996)
wurde im nördlichen Saarland in Deutschland ein Großversuch
durchgeführt, bei dem in einem 700 Hektar großen Jagdrevier ein
Totalabschuss von Raubwild und Raubzeug realisiert wurde. Man wollte
die Auswirkung eines Totalabschusses auf Bestände von Niederwild
und Singvögel untersuchen. Neben 2242 Rabenvögel wurden 922 Stück
Raubwild erlegt, davon 572 Füchse.
Obgleich die Zahl der Abschüsse sich in den sechs Jahren
mehr als vervierfacht hat, nahmen weder Fasane noch Hasen zu. Während
der Versuchszeit kamen auf jeden erlegten Fasan sechs Füchse sowie
14 getötete Rabenkrähen und Elstern, somit zu einem Verhältnis
von 25:1. Bei Hasen war das Verhältnis mit 49:1 noch schlimmer. Bei
keiner der beiden Niederwildarten lohnte die Bekämpfung von
Raubwild und Raubzeug.
(Prof. Dr. Josef H. Reichholf, "Rabenschwarze
Intelligenz", 2009, S. 107 ff.) |
Top Der
Fuchs, ein Schädling
Jägerargumentation |
Wie
schon oben dargestellt, erbeutet der Rotfuchs vor allem Niederwild.
Weil es sich meist um jagdbares Wild handelt schädige er somit
Jäger. |
Fakten |
Ein
durch Wildtiere, in diesem Fall von Füchsen, verursachter Schaden
liegt vor, wenn Aktivitäten von Menschen betroffen sind, wie
Schäden in der Land- und Forstwirtschaft, beim Fischfang und in der
Fischzucht, die Erbeutung von Haustieren als auch die Verbreitung
von Krankheiten.
(Prof. Carlo Consiglio, "Vom Widersinn der Jagd",
2001, S. 72)
G. Berendt von der Universität Göttingen hat versucht, den
geschätzten materiellen Schaden dem materiellen Nutzen des Fuchses
gegenüberzustellen.
Er nahm an, dass sich die jährliche Beute eines Fuchses auf 15
Feldhasen, 20 Vögel, 20 Kaninchen und ein Lamm erstreckt. Daraus
ergibt sich ein Schaden von ca. 150 EUR (Preisbasis 1955).
Zusätzlich frisst ein Fuchs rund 4000 Nager pro Jahr. Wären sie
nicht gefressen worden, weil man den Fuchs getötet hat, dann hätte
sich ein Zehntel von ihnen, also 400, dreimal pro Jahr fortgepflanzt
mit jeweils drei Nachkommen, sodass sie sich auf insgesamt 25600
Nager vermehrt hätten. Aufgrund der natürlichen Mortalität würde
sich diese Zahl auf 2560 reduzieren. Geht man davon aus, dass jeder
überlebende Nager 30 Gramm Getreide und eine ganze Pflanze frisst,
was einem Schaden von ca. 0,12 EUR entspricht, dann würde sich
daraus ein Gesamtschaden von ca. 310 EUR allein durch die vom Fuchs
nicht gefressenen Nager ergeben.
Obgleich Behrend darauf hinweist, dass diese Rechnung nicht exakt
sondern eher spekulativ ist, zeigt sie aber, dass der Fuchs im
Verhältnis des von ihm verursachten Schadens eher als
"nützlich" zu gelten hat.
(Prof. Carlo Consiglio, "Vom Widersinn der Jagd",
2001, S. 113) |
Top Zahl
der Füchse nimmt überhand
Jägerargumentation |
Wenn
der Fuchs nicht bejagt würde, stiege die Fuchspopulation geradezu
unbegrenzt. Hierdurch würden sie Mensch und Natur bedrohen, Tollwut
und Fuchsbandwurm fördern sowie jagdbares Niederwild gefährden
(letzteres wurde bereits weiter oben
behandelt). Somit sei der Fuchsbestand so niedrig wie möglich zu
halten. |
Fakten |
Einen
unbegrenzten Populationsanstieg kann nur erfolgen, wenn man den
Tieren unbegrenzte Ressourcen zur Verfügung stellen würde. In
der Natur gibt es solche Bedingungen nicht, weil Faktoren wirksam
werden, die das Wachstum der Population begrenzen. Solche
Faktoren können Nahrung, Krankheiten, fehlender Raum und
Witterungsbedingungen sein. Eine unter Laborbedingungen anzunehmende
exponentielle Entwicklung der Population gibt es nicht. Stattdessen
pendelt sich der Wildtierbestand auf einem Niveau ein, der carrying
capacity (Fähigkeit zum Bestandserhalt) genannt wird. Trägt
man die Populationsgröße in einer Grafik über eine Zeitachse auf,
so ergibt sich durch den anfänglich starken Anstieg und
anschließender Abflachung eine Form eines S. Daher wird diese
Darstellung als "sigmaförmige Kurve" bezeichnet.
Die carrying capacity stellt den Gleichgewichtszustand dar,
bei dem die Mortalitätsrate jener der Geburtenrate entspricht. Der
Gleichgewichtszustand ist keine statische Größe sondern passt sich
den jeweiligen Ressourcen an.
(Prof. Carlo Consiglio, "Vom Widersinn der Jagd", 2001, S.
33 ff.)
Füchse gehören zu den r-Strategen, das sind früh geschlechtsreife
Arten, die sich schnell reproduzieren können. Populationen solcher
r-Strategen kann die Jagd tatsächlich wenig anhaben, jedoch kann
Jagd die Populationsdynamik stark verändern indem sie sie
beschleunigt.
(Dr. Karl-Heinz Loske, "Von der Jagd und den Jägern",
2006, S. 78 f.)
Obgleich im oben zitierten Großversuch Saarland der
Totalabschuss vorgenommen wurde, konnte eindrucksvoll bewiesen
werden, dass trotz intensiver Jagd sich die Zahl der getöteten
Füchse nicht reduzierte sondern stattdessen erhöhte. Vor dem
Großversuch wurden im Jagdjahr 1986/87 sieben Füchse und am Ende
des Versuchs 1995/96 104 Füchse erlegt.
(Prof. Dr. Josef H. Reichholf, "Rabenschwarze
Intelligenz", 2009, S. 109)
Wenn sich nun die Populationsdichte nicht durch die Jagd regulieren
läßt, was Jäger aus ihren oft langjährigen Beobachtungen wissen
müssen, stellt sich die Fragen, warum überhaupt Füchse bejagt
werden, wenn es keinen sichtbaren Erfolg bringt. |
Top Wozu dann jagen?
... "Wenn immer mehr Wildtiere geschossen
werden, weil es immer mehr gibt, müssen dann noch mehr geschossen werden,
damit es weniger werden?" Diese provokante Frage stellte der Wiener
Zoologe Doz. Dr. Wolfgang Scherzinger bereits 1995 in seinem Buch
"Naturschutz im Wald" (Ulmer). Auch bei
jeder Jägertagung ist die jährlich höhere - seit langem unnatürliche -
Wilddichte, die für einen Dauerkonflikt zwischen Forst und Jagd sorgt,
heftigst diskutiertes Thema.
(ots.at vom 09.11.2010 von VIER PFOTEN)
Der Zoologe Ragnar Kinzelbach von der Universität
Rostock ist überzeugt:
„Letztlich dient die Jagd nur dem Spaß und der Befriedigung der
Mordlust der Jäger. Die Jagd ist überflüssig. Wenn man sie einstellt,
regulieren sich die Bestände von allein.“
("Süddeutsche Zeitung" vom 28.01.2009)
Die Jagd ist heute ein Hobby, ein Freizeitvergnügen – und in ihren
Jagdzeitschriften geben die Jäger ihre „Lust am Töten“, die
„Freude am Beutemachen“ und den „Kick“ beim Schuss inzwischen
offen zu. Ein Jäger hat über dieses Thema sogar seine Doktorarbeit
geschrieben - und diese wurde in der Jagdpresse unter der Überschrift
„Keine Angst vor der Lust“ (WILD UND HUND 24/2003) entsprechend
gefeiert.
In der Dissertation heißt es ganz offen: „Weltweit wird die Wildjagd
unserer Zeit selten noch aus rein praktischen Motiven (z.B. Nahrungsjagd),
sondern um eines starken emotionalen Erfolges Willen (der Kick beim Töten
des Tieres, Freude, Glück, Zerstreuung, Entspannung, Abenteuer) oft mit
großer Leidenschaft und Hingabe betrieben.“
(Günter Reinhold Kühnle:
Die Jagd als Mechanismus der biotischen und kulturellen Evolution des
Menschen, 2003.
http://ub-dok.uni-trier.de/diss/diss45/20030120/20030120.htm)
Dieses Hobby-Töten kann die überwiegende Mehrheit
der Menschen heute nicht mehr gutheißen. Repräsentative Umfragen der
letzten Jahre zeigen
übereinstimmend: 64% der Österreicher und 70-80% der Deutschen stehen
der Jagd kritisch gegenüber oder fordern sogar die Abschaffung der Jagd.
(Quellen: Österr. Gallup-Institut 2007, GEWIS-Institut 1996;
GEWIS-Institut 2002; EMNID-Institut 2003, EMNID-Institut 2004)
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