Jagdfreie
Nationalparks
Natur
ohne Jagd auf der griechischen Insel Tilos
Tilos, das Juwel der Ägäis ist
in Gefahr
Die wunderschönen Insel Tilos, die zur Inselkette des Dodekanes in der
südöstlichen Ägäis gehört, zählt wegen seiner vielfältigen und
seltenen Pflanzen- und Tierwelt zum Natura 2000-Network, dem Naturerbe
Europas. Mit Förderung aus dem dreijährige EU Life-Nature-Programm soll
der Bestand des gefährdeten Eleonorenfalken, des Habichtsadlers und der
Mittelmeerkrähenscharbe gestützt werden.
Dank natürlicher Frischwasser-Quellen auf der 63 km2 großen Insel,
konnten sich 16 verschiedene Biotope entwickeln. So beherbergt Tilos mehr
als 400 heimische Pflanzenarten und 100 verschiedene Vogelarten. In den
EU-Berichten wird Tilos als Heimat für 10% der gesamten Weltpopulation
des auf Madagaskar überwinternden Eleonorenfalken geführt.
Dazu kommen noch eine Reihe seltene Greifvogelarten wie Adlerbussard,
Habichtsadler und Wanderfalke, um nur einige zu nennen. Da seit 19 Jahren
auf der gesamten Insel ein Jagdverbot besteht, haben sich nämlich auch
Chukar-Huhn und Felsentaube vermehrt.
Unglücklicherweise ist dieses
Jagdverbot in Gefahr. Die
letzte offizielle "Genehmigung" läuft am 22. August 2006 aus.
Eindeutig gegen den Willen der Inselbewohner, die sich in den vergangenen
20 Jahren dem Öko-Tourismus sowie dem Naturschutz verschrieben haben.
Die Tilos Naturpark-Gesellschaft, eine gemeinnützige NGO, hat die
griechische Regierung vor der Aufhebung des Jagdverbots gewarnt, weil nach
der EU Vogelschutz- wie auch nach der Habitatrichtlinie der Arten-und
Naturschutz Vorrang vor Freizeitaktivitäten wie der Jagd haben muss.
Dennoch hat der für die Ägäis zuständigen Minister Pavlides
öffentlich angekündigt, dass die Jagd auf Tilos wieder eröffnet werden
soll.
Nun benötigt Tilos jede nur mögliche Unterstützung - gerade auch von
Griechenlandtouristen, damit das Jagdverbot nicht angetastet wird. Bitte
unterzeichnen Sie die von Pro-Act gesponserte Petition:
http://www.petitiononline.com/proact02/petition.html
Und natürlich würden wir Sie auch gerne persönlich auf unserer Insel
willkommen heißen, wo seit Jahrhunderten die Tradition der filoxenia, der
griechischen Gastfreundschaft, zu Hause ist.
Konstantinos Mentzelopoulos,
Direktor der Tilos Naturpark-Gesellschaft
und Koordinator des Tilos Life-Nature-Projekts
http://tilos-park.typepad.com
Natur
ohne Jagd: Projekt in Griechenland
Interview mit Konstantinos
Mentzelopoulos, dem Verantwortlichen der Tilos-Park-Assoziation. Das
Interview wurde vom Tierrechtsmagazin Freiheit für Tiere durchgeführt.
Freiheit
für Tiere: Welche Wildtiere sind typisch für die Fauna von Tilos?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Tilos
hat das Glück, eine reiche Fauna zu besitzen in einer Inselumwelt, die
aus 16 verschiedenen Biotopen besteht, die wiederum von unterirdischen
Frischwasserquellen überall auf der Insel gespeist werden.
Die auffälligsten und anmutigsten Vertreter unserer Tierwelt sind 112
verschiedene Stand- und Zugvögelarten, von denen mehr als ein Drittel von
der EU als gefährdet, verletzlich und selten eingestuft sind. Das außergewöhnliche
Spektrum der Regenbogenfarben, die in der Sonne glitzern, besonders in der
Zeit, wo die Zugvögel aufbrechen, spiegelt sich in den Federn der Eisvögel,
der Tümmlertauben, der Wiedehöpfe, der Purpurreiher, der glänzenden
Ibisse, der Korallenmöven, der Kiebitze, der weiß geschwänzten Adler
und vieler anderer wider, einschließlich eines federgeschmückten weißen
Riffreihers, der sich bekanntlich von der Sinaihalbinsel auf unsere Insel
verirrt hat.
Die Gefahr des Aussterbens einiger dieser Arten veranlasste die EU, der
finanziellen Unterstützung eines Umweltschutzprogramms auf der Insel
Priorität zu geben, insbesondere für die Wiederansiedlung von drei
besonderen Vogelarten: des Bonelli-Adlers, des Eleonora-Falken und der
Mittelmeerkrähenscharbe.
Zusätzlich zu unserer geflügelten Tierwelt, die den Himmel der Insel
zieren, haben wir auch viele auf dem Land lebende Tiere, angefangen von
Hasen, Igel, Reptilien, Wildziegen bis zu einer nicht einheimischen
Schildkröte, deren Herkunft den zu Besuch kommenden Wissenschaftlern
unbekannt ist. Zu den gefährdeten Wassertieren zählt der
Mittelmeerseehund, der in unseren geschützten Buchten lebt und unsere Gewässer
mit quirligen Walen, Delphinen und Thunfischen teilt, die häufig von der
Küste aus zu sehen sind.
Freiheit für
Tiere: Welche Arten wurden gewöhnlich vor dem Jagdverbot gejagt?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Vor
dem Jagdverbot war das meistgejagte Tier das Rebhuhn, das nebenbei auch
die ganzjährige Hauptnahrungsquelle für unsere vielen Greifvögel ist,
den Honigbussard, den Hühnerhabicht, den langbeinigen Bussard und die
Eleonora-Falken. Tilos ist die Heimat für 10% der gesamten Weltpopulation
dieses gefährdeten Falken, was nach Auskunft der griechischen
Vogelschutzgesellschaft Tilos zu einem der drei wichtigsten Standorte für
diesen Falken in ganz Europa macht.
Tilos ist sehr bergig mit felsigen Hängen, und wegen den zahlreichen
Felsvorsprüngen und Felsspalten, die den kleinen Vögeln als Unterschlupf
dienen, ist es schwierig für unsere gefährdeten Greifvögel, ihre Beute
zu ergreifen. Wenn Freizeitjäger Vögel, wie beispielsweise das Rebhuhn,
schießen, bedeutet das eine schwerwiegende Verminderung des
Nahrungsangebotes, das für die Ansiedlung unserer gefährdeten Greifvögelpopulation
lebensnotwendig ist. Der voraussichtliche Erfolg des mit 824.212 Dollar
von der EU finanzierten Naturschutzprogramms wurde von den EU-Behörden
analysiert. Daraufhin bewilligten sie die Investition auf der Basis der
vorhandenen ungestörten Umweltverhältnisse, die ausreichend Nahrung und
Lebensraum für die Greifvogelarten liefern, damit sie brüten und sich
vermehren können. Nach Aussagen von Ornithologen der EU würde jeder
Verlust des Nahrungsangebotes für diese Greifvögel zu einem
entsprechenden Verlust an Nahrung, zu Krankheitsanfälligkeit, zu
vermindertem Brüten und verminderter Fortpflanzung sowie zu vorzeitigem
Tod führen. Diese wissenschaftliche Tatsache ist einer der Gründe, warum
die Inselbewohner ein Jagdverbot auf Tilos unterstützen, um auf diese
Weise den Tieren auf Tilos die Freiheit zu geben, in der sie geboren
wurden, ein natürliches Leben zu leben, das ohnehin bereits belastet ist
von dem Risiko des vorzeitigen Todes. Die Inselbewohner erkennen und
respektieren die Weisheit der Natur in ihren voneinander abhängigen und
fortdauernden Lebenszyklen.
Freiheit für
Tiere: Seit wann gibt es keine Jagd mehr auf der Insel?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Als
Ergebnis mehrerer befristeter Genehmigungen auf Verwaltungsebene seit
1992, von denen die letzte am 22. August 2006 ablaufen soll, ist die Jagd
auf Tilos seit den letzten 13 Jahren verboten, kraft des Dokuments Nr.
4978 der ägäischen Regionalregierung.
Freiheit für
Tiere: Warum wurde die Jagd verboten?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Vor
ungefähr 15 Jahren hat der Gemeinderat von Tilos auf zwei wichtige
Faktoren reagiert. Der erste Faktor war das Bestehen einer großen
Artenvielfalt auf Tilos, welche die EU als gefährdet einstuft. Der zweite
Faktor war die Erkenntnis der Inselbewohner, dass sozioökonomische Bedürfnisse
für ihren Lebensunterhalt entscheidend sind, dass die Lebensweise der
typisch griechischen Dorfgemeinschaft als Gegenpol zur Globalisierung und
zum kulturellen Verlust zu bewahren sei, dass sie eine natürliche,
unverdorbene Landschaft in ihrer Freizeit genießen wollen. Die Wirtschaft
von Tilos besteht aus Landwirtschaft und Tourismus. Um eine umweltverträgliche
Form des Tourismus, den viele Touristen auf Tilos in Anspruch nehmen, zu
entwickeln und vor allem um Langzeitjobs für die Bewohner der Gemeinde zu
schaffen, war der Ökotourismus die einzig natürliche Option. Die
Gemeinde konzentrierte ihre Bemühungen darauf, dass Tilos und seine 14
unbewohnten Eilande als besonderes Schutzgebiet von der EU registriert
werden, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Habitat-Richtlinien
(92/43/EEC). Das Verbot der Jagd, welche die Inselflora- und
Faunaressourcen dezimiert, war der nächste Schritt, um den Ökotourismus,
den die Inselbewohner entwickeln wollten, zu schützen.
Zusätzlich geht das Jagdverbot auf Tilos, wo drei gefährdete Vogelarten
leben, die während der ganzen Jagdsaison brüten und sich fortpflanzen,
konform mit den bindenden gesetzlichen Erfordernissen der Vogel- und
Habitat-Richtlinien. Die Jagd auf Tilos zu erlauben würde in der Tat
gegen die Richtlinien, wie sie auf diese Insel zutreffen, verstoßen.
Die Inselbewohner, die im Tourismus beschäftigt sind, haben zunehmend
festgestellt, dass die Mehrzahl ihrer Besucher kommt, um der Natur auf den
67 km langen Wanderpfaden näher zu kommen, um Naturaufnahmen und Gemälde
von der Inseltierwelt zu machen und Vögel aus der Nähe zu beobachten.
Einige Gäste haben offen zu erkennen gegeben, dass sie nicht mehr nach
Tilos kommen werden, wenn auf der Insel die Jagd wieder erlaubt wird.
Freiheit für
Tiere: Vermehren sich die Tiere unkontrolliert, weil sie nicht gejagt
werden, oder bleibt die Population ungefähr immer gleich groß?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Die
Population variiert natürlich von Jahr zu Jahr aufgrund einer Vielzahl
von Faktoren wie die Höhe der Niederschläge, welche die Nahrungsmenge,
die Schutzmöglichkeiten und das Material für den Nestbau innerhalb eines
Habitats beeinflussen; das verfügbare Frischwasser aus Quellen; die
Temperaturunterschiede während des ganzen Jahres, mit außergewöhnlichen
Kälte- und Hitzeperioden, die wiederum auf die Überlebensrate der Arten
Einfluss haben usw.
Bis jetzt weiß die Tilos-Naturpark-Gesellschaft nur von zwei Faunaarten,
die sich schneller vermehren als das Ökosystem zulässt. Die erste ist
die Nebelkrähe, die verantwortlich ist für die Zerstörung der Eier
anderer Vogelarten sowie der landwirtschaftlichen Produktion. Die zweite
ist der einheimische Ziegenbestand, der den natürlichen Lebensraum auf
der Insel einschließlich seltener Orchideen zerstört, weil diese Ziegen
sich frei in der Landschaft bewegen, ohne jegliche Beschränkungen wie
z.B. Zäune. Das Populationsproblem bezüglich der Nebelkrähe wird zur
Zeit von Ornithologen, die an dem Naturschutzprogramm beteiligt sind,
besprochen, um die schonendste und humanste Methode auszuarbeiten, die das
übermäßige Populationswachstum eindämmt (Töten kommt dabei nicht in
Frage). Der einheimische Wildziegenbestand wurde von Dr. Mario Broggi,
Mitglied des ETH-Rates in der Schweiz, zum Thema gemacht, indem er zur
Zufriedenheit der Europäischen Union erklärte, dass Subventionen für
Ziegen in manchen Fällen wie Tilos kontraproduktiv sind.
Es gibt keine anderen bekannten Probleme eines übermäßigen
Populationszuwachses auf der Insel. Im Gegenteil, die vorhandenen
Tierarten sind zahlreichen Nöten ausgesetzt, einschließlich der täglichen
Gefahr, die von Greifvögeln ausgeht und sie in ihrem Überleben bedroht.
Freiheit für
Tiere: Gibt es Ernteschäden durch Wildtiere?
Konstantinos
Mentzelopoulos:
Sicher gibt es Ernteschäden, aber es mag hilfreich sein, Ernteschäden
als bedeutend oder unbedeutend in Relation zu der jährlichen Menge an
landwirtschaftlicher Produktion auf der Insel zu definieren. Nach Auskunft
der landwirtschaftlichen Erzeuger von Tilos repräsentieren die Schäden
keinen bedeutenden wirtschaftlichen Verlust. Wenn die Landwirte Maßnahmen
ergreifen, welche z.B. die Vögel davon abhalten, ihr Getreide zu picken,
haben die Vögel immer noch eine Auswahl an anderen Ernährungsmöglichkeiten
auf der Insel, denen sie sich gewöhnlich zuwenden. Die Maßnahmen der
Landwirte sind z.B. Fischernetze über ihre Getreidefelder zu ziehen oder
an Holzpfählen Kleiderstreifen anzubringen, die im Wind wehen. Und natürlich
verursacht die Anwesenheit des Menschen auf der Farm die Flucht der Vögel.
Freiheit für
Tiere: Ist das Wachstum des Waldes gefährdet?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Die
ernsthafteste Bedrohung unserer Wälder geht von Brandstiftung oder der
absichtlichen Zerstörung aus, wofür jene verantwortlich sind, die wütend
über die Umweltbemühungen des Gemeinderats der Insel sind. Ziegen können
davon abgehalten werden, neue Baumpflanzungen zu schädigen.
Freiheit für
Tiere: Können sie aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Tiere und Natur
ein natürliches Gleichgewicht bewahren ohne das Eingreifen des Menschen?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Ja,
und Tilos ist ein Beispiel für diese wissenschaftlich bewiesene Theorie.
Bei nur 300 ständigen Inselbewohnern ist der Großteil der Insel
unentwickelt und befindet sich so in einem natürlichen Zustand. Für den
Fall, dass eine Spezies sich schneller vermehrt, als es das
Nahrungsangebot der Insel erlaubt, stellt die Natur schließlich dieses
Gleichgewicht wieder her, zum Beispiel durch einen Mangel an Nahrung, was
zu vorzeitigem Sterben und einem verminderten Brüten führt.
Aber es sei erläutert, was in einer ähnlichen Situation passieren kann,
in welcher der Eingriff des Menschen zu einem verminderten Artenbestand führt,
bis zu dem irreversiblen Schaden einer Gesellschaft: Wir haben vier
Bonelli-Adlerpaare, die zerstreut auf unserer 63 qm großen Insel leben.
Diese Adler sind von der EU in die Liste der gefährdeten und vom
Aussterben bedrohten Arten aufgenommen. Der Ernst der Lage ist der EU
hinreichend bekannt, weswegen sie im Rahmen der Fördermaßnahmen, die von
höchster Priorität sind, Tilos als Garant auswies für die
Wiederansiedlung dieser Adlerpopulation und noch zwei anderer ernsthaft
bedrohter Vogelarten: den Eleonorenfalken und die Mittelmeerkrähenscharbe.
Jedes Paar der Bonelli-Adler benötigt laut dem europäischen
Arten-Aktionsplan für diese Vögel ungefähr 11.9 km² zwischen den
einzelnen Nestern. Von den Adlern weiß man, dass sie täglich bis zu 200
km auf der Suche nach Nahrung zurücklegen, die in der Regel aus kleineren
Vögeln und und Tieren besteht, und einer von fünf Versuchen, Beute zu
schlagen, ist erfolgreich. Wenn menschliche Aktivitäten wie z.B.
umfangreiche Bautätigkeit stattfinden oder die Jagd wieder auf Tilos
eingeführt wird, so führt dies zu einer Dezimierung der Vogelarten, die
als Nahrung für diese Adler und andere gefährdete Greifvögel dienen.
Gefährdete Adler sterben vorzeitig, ebenso gibt es weniger Nachwuchs, da
das Nahrungsangebot durch die Jagd des Rebhuhnes reduziert wird.
Freiheit für
Tiere: Unterscheidet sich das Verhalten der Tiere auf Tilos von dem auf
anderen griechischen Inseln? Sind sie z.B. zutraulicher zu den Menschen?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Nach
meinen Erfahrungen gibt es einen großen Unterschied im Verhalten der
Tiere auf Inseln, wo Jagd besteht bzw. verboten ist. Ich gebe Ihnen zwei
Beispiele. Auf meiner Terrasse hatten sich zwei Vogelarten, namentlich
Wiedehöpfe und eine Zwergohreule, ziemlich lange eingenistet. Und das war
natürlich ein untypisches Verhalten. Wiedehöpfe sind laut Lexikon »misstrauisch
und halten einen gewissen Abstand zu den Menschen«, und bei Zwergohreulen
ist es »praktisch unmöglich, sie auf einem sichtbaren Schlafplatz
auszumachen«, und »noch schwieriger ist es, Zwergohreulen am Tag zu
Gesicht zu bekommen«. Um Obiges zu illustrieren, habe ich ein Foto von
einer der Zwergohreulen beigefügt, die diesen Sommer zusammen mit ihren
Jungen in einem Vogelhaus für Spatzen auf meiner Terrasse, die zu unserer
Küche zeigt, lebten. Einer der Zweige des Weinstockes auf meiner Terrasse
war dieses Jahr der Lieblingsaufenthaltsort der Wiedehöpfe der Insel. Das
tägliche Wässern des Gartens sowie das Aufhängen von Wäsche in der Nähe
dieser unserer zusätzlichen Familienmitglieder störte sie nicht im
geringsten. Diese menschenscheuen Vögel würden sicher misstrauischer
gegenüber meiner Familie oder Freunden, die mein Haus besuchen, sein,
wenn eine menschliche Aktivität auf der Insel Tilos drohen oder stören würde,
wie es bei der Jagd der Fall wäre. Statt dessen sind die Einwohner von
Tilos einverstanden oder zumindest gleichgültig gegenüber der
Anwesenheit von Vögeln. Leute, die ich von anderen Inseln, wo die Jagd
erlaubt ist, kenne, hatten nie die Erfahrungen, wie ich sie hatte. Dies
ist der Grund, warum der Ökotourismus unserer Insel jedes Jahr zunimmt.
Besucher haben die Möglichkeit, unserer Tierwelt näher zu kommen, da es
keine drohenden Aktivitäten wie die Jagd gibt, die den Tieren Angst
macht.
Freiheit für
Tiere: Glauben Sie, dass das Projekt Ihrer Insel auch auf anderen Teilen
der Erde verwirklicht werden kann?
Konstantinos
Mentzelopoulos:
Absolut! Das Model der Tilos-Park-Gesellschaft kann an jedem Ort der Welt,
der die Wirksamkeit eines gemeinnützigen Vereines gesetzlich erlaubt,
angewandt werden. Der Grund dafür, dass dieses Aufbaumodell auf die ganze
Welt übertragbar ist, ist einfach: Es gibt in jedem Land viele Menschen,
die denselben Traum von der Bewahrung der natürlichen Umwelt teilen, während
sie gleichzeitig die Bedürfnisse der Menschen, sich ihren Lebensunterhalt
zu verdienen, respektieren.
Der europäische Gerichtshof hat einmal festgestellt, dass der Schutz der
Umwelt eine grenzüberschreitende Angelegenheit ist, die gleichzeitig mit
dem Recht des Individuums auf einen Lebensunterhalt vereinbar ist. Das
Modell unserer Tilos-Park-Gesellschaft, von irgendwelchen Hilfen der
Regierung finanziell unabhängig zu sein, gewährleistet die
Dauerhaftigkeit und die Durchführung des Zieles, die Inselbewohner in
ihren Bemühungen zu unterstützen, sich einen Lebensunterhalt zu
verdienen und gleichzeitig der natürlichen Umwelt die Chance zu geben,
zur Freude aller zu gedeihen.
Freiheit für
Tiere: Hat sich seit dem Verbot der Jagd der Rhythmus und die Lebensweise
auf Tilos geändert?
Konstantinos
Mentzelopoulos: Der
Rhythmus und die Lebensweise auf Tilos drücken sich am besten in sozioökonomischer
Hinsicht aus. Jahrhundertelang waren die Inselbewohner Landwirte und Händler
und sind es heute noch. Als Händler brachten sie Güter und Lebensmittel
von Orten außerhalb der Insel und bewiesen so die griechische Tradition
der Gastfreundschaft gegenüber Fremden, die sich zu dem modernen
Tourismus unserer Tage entwickelte. Die Abwesenheit der Jagd war in der
Tat der Wunsch der Inselbewohner, die spürten, dass die Jagd auf der
Insel dem Tourismus schadet und somit ihrer Fähigkeit, sich mit der alten
griechischen Tradition der Gastfreundschaften den Lebensunterhalt zu
verdienen. Tilos hat für die Besucher keine typisch griechischen
Tourismusattraktionen wie z.B. alte Tempel oder Statuen. Tilos bietet
etwas Spezielles, das andere Orte gewöhnlich nicht haben: schöne,
erholsame Strände und eine große Anzahl wild lebender Tiere in einer
unverdorbenen, natürlichen Umgebung, die im Einklang mit dem
traditionellen griechischen Dorfleben ist. Die Bewohner von Tilos haben
schon lange vorher gelernt, dass die Jagd in der Tat die Ressourcen der
Insel vernichtet, wohingegen der Ökotourismus die natürlichen Ressourcen
und die Tierwelt bewahrt - weswegen auch die Besucher kommen, um diese zu
erleben; denn zu Hause in ihrem städtischen Leben finden sie diese Natur
nicht vor. Somit bleiben, wie Sie sehen können, der Rhythmus und die
traditionelle griechische Lebensweise unverändert, ungeachtet der
Abwesenheit der Jagd.
Die Ökotouristen, die immer wieder nach Tilos kommen, haben das Recht,
die wild lebenden Tierarten auf Tilos ungestört zu genießen, und die
Inselbewohner haben das Recht, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen,
der zusätzlich zur Landwirtschaft, hauptsächlich durch den Ökotourismus
bestritten wird. Indem man diese Freiheiten erlaubt, wird den Rechten
eines jeden entsprochen.
Wir sind sehr dankbar für die Gelegenheit, die Sie uns gegeben haben, um
die Philosophie unserer Insel mit Ihnen und Ihren Lesern zu teilen. Es ist
unsere ehrliche Überzeugung, dass, wenn man die Natur wirklich verstehen
will und in Harmonie mit ihr sein will, man in der Tat sich selbst
verstehen und in Frieden mit sich selbst sein muss. Hat man dies einmal
erlernt, so ist diese Weisheit ein Vermächtnis, das es wert ist, an zukünftige
Generationen weitergegeben zu werden.
Es ist unsere inbrünstige Hoffnung, unsere Kindern erfolgreich lehren zu
können, dass wir unsere natürliche Umgebung mit derselben Sorgfalt
behandeln müssen, mit der wir uns selbst behandeln - aus dem einfachen
Grund: Die natürliche und ewige Schönheit, die uns umgibt, wohnt auch
tief in uns, und das ist mit Sicherheit wert, bewahrt zu werden.
Ich danke Ihnen.
Konstantinos Mentzelopoulos
Direktor der Tilos-Park-Gesellschaft Livadia
GR-85002 Tilos
Tel.: +30-22460-70880
Fax.: +30-22460-70892
Unterstützen Sie die Anti-Jagd Petition für Tilos:
http://www.petitiononline.com/proact02/petition.html
Top
|
Die Inselbewohner, die im Tourismus beschäf- tigt sind, haben zunehmend
festgestellt, dass die Mehrzahl ihrer Besucher kommt, um der Natur näher
zukommen auf 67 km langen Wanderpfaden, um Naturaufnahmen zu machen, um
Gemälde zur Inseltierwelt zu machen und Vögel aus der Nähe zu beob-
achten. Daher unterstützen die Bewohner von Tilos das Jagdverbot.
Damhirsch auf Tilos. Schon die Römer
bürgerten den aus Kleinasien stammenden gefleckten Hirsch in allen Ländern
am Mittelmeer ein
Scheue Arten wie die Rohrdommel finden
in der jagdfreien Natur von Tilos Lebensraum und Brutplätze
Das Europäische Schlangenauge (Ophisops elegans) aus
der Familie der echten Eidechsen
Konstantinos Mentzelopoulos, dem Verantwortlichen der
Tilos-Park-Assoziation
Ein Adler-Bussard über der Insel Tilos
Bachstelze
Tilos ist die Heimat für 10 % der gesamten Weltpopulation der stark gefährdeten
Eleonora-Falken. Das Jagdverbot sichert ihr Überleben.
Sogar die scheue Zwergohreule lebte
auf der Terrasse bei Konstantinos Mentzelopoulos
|