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Sehr geehrter Dr. Nittmann!
Im Zuge des Jagdkurses, den ich seit Anfang des Jahres besuche, befasse
ich mich natürlich nicht nur mit der Materie, die wir im Kurs
"serviert"
bekommen, sondern interessiere mich auch für die "Gegenseite"
und deren Argumente. Es ist natürlich persönliche Ansichtssache und
Sache jedes einzelnen, wie er zur Jagd und der Jagdpraxis steht, und es
gibt einen hohen Prozentsatz an Jägern, den ich selbst lieber nicht in
diesem Metier sehen würde, aber wie auch immer.
Augenscheinlich sind die Standpunkte ziemlich konträr, und sobald etwas
in eine radikale Richtung geht, ist es in meinen Augen abzulehen. Sei es,
wie auf manchen Videos auf ihrer HP, das Handeln der Jagdgegner als auch
das der Jäger. Vernünftiger Dialog ist hier leider nicht auszumachen. In
manchen Situationen wahrscheinlich durch aufgeheizte Gemüter auch gar
nicht möglich.
Aber nun zu meinen konkreten Fragen bzw. Gedanken: Gerade gestern hatten
wir einen Vortrag über Wild und Waldökologie, aus dem doch recht
deutlich hervorging, dass Wild in Österreich einen durchaus
beträchtlichen Schaden anrichtet, bezogen auf die Holzwirtschaft (in
Geldbeträgen ca. um die 200 Mio. Euro Jährlich). Natürlich kann man
jetzt sagen, dass das alles Ansichtssache ist und abhängig davon, von
welcher Seite diese Erhebung ausgegangen ist, aber dennoch, selbst wenn
die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, besteht Handlungsbedarf.
Wie ist das, jetzt ganz objektiv und unvoreingenommen (soweit
möglich), aus Ihrer werten Sicht zu handhaben? Im Anbetracht der
Tatsache, dass es quasi keinen wirklich natürlichen Lebensraum mehr gibt
für das heimische Wild bedarf es doch logischerweise einer gewissen
Bestandskontrolle.
Wie, wenn nicht durch Jagd?
Weiters kann ich der "Hetze" gegen Wildfleisch nicht ganz
folgen, gilt es doch als hochwertiges, fettarmes und vor allem Zeit seines
Lebens größtenteils "glückliches" Fleisch? Ich persönlich
ziehe ein Rehragout oder ein Hasengulasch, wo das Fleisch aus dem eigenen
Revier kommt und womöglich von mir selbst möglichst ohne viel
"Streß" erlegt wurde, hundertmal einem Schweinebraten, der im
"Rohzustand" durch halb Europa gekarrt wurde und, sollte er es
überlebt haben, maschinell geschlachtet wurde, vor.
Ich bitte Sie, mir Ihre Gedanken darüber zukommen zu lassen und hoffe auf
eine sachliche, möglichst emotionsfreie Diskussion. Dieser Satz deshalb,
weil mir vieles auf ihrer HP doch eher "reißerisch" vorkommt.
MfG
Peter M.
Antwort
von Christian Nittmann:
Sehr geehrter Herr M.,
Es ist schon lobenswert, dass Sie sich auch mit anderen Informationen
auseinander setzen, die nicht von der Jägerschaft vermittelt werden.
Besonders wertvoll sind hier die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine
klare Sprache sprechen.
Deutliche Informationen hierzu finden Sie unter http://www.abschaffung-der-jagd.at/literatur.htm.
Besonders empfehle ich Ihnen das Buch von Dr. Loske.
Es mag sein, dass Ihnen einiges "reisserisch" vorkommt. Vieles
wird ja von den Jäger in der Medien seit Generation
"verromantisiert" und inkorrekt dargestellt. Daher es unsere
Aufgabe aufzuklären.
Nun aber zu Ihren Fragen.
Sicherlich wird durch das Wild aus der Sicht des Menschen Schaden
verursacht. Hierzu gibt es allerdings einige Punkte zu beachten.
* Wildverbiss
Dieser Schaden wird oft dazu verwendet, um die Jagd medial zu begründen.
Was steckt dahinter? Untersuchungen haben ergeben, dass Rehwild z.B. keine
Waldtiere sind. Sie sind Flur- und Wiesentiere, deren Hauptnahrung
Kräuter sind, die sie bevorzugt am Waldrand finden. Sie sind auch keine
Nacht- oder Dämmerungstiere, sondern Tagtiere. Nur durch den Jagddruck
gehen die Tiere in den Wald um Deckung zu finden. Auch kommen sie deswegen
selten tagsüber aus dem Wald raus. Durch den Jagddruck entsteht Stress
für die Tiere und somit erhöht sich zudem der Energiebedarf. Da im Wald
für das Rehwild sich dann am besten junge Zweige und Blätter als Nahrung
eignen, werden diese genommen. Sie sind aber nicht die ideale Nahrung.
Der Wildverbiss ist somit kein natürliches Verhalten sondern durch die
Jagd verursacht.
Maßnahme: keine Jagd mehr
Interessant ist, dass die Forstwirtschaft der Jägerschaft vorwirft zu
wenig Abschüsse zu tätigen.
Hier stellt sich die Frage, warum nun im Winter die Tiere durch
zusätzliche Nahrungsgabe (Hege) durch den Winter gebracht werden, wenn
sie in der wärmeren Jahreszeit doch den Wildverbiss verursachen? Kurz: im
Winter sind sie die "Armen" und sonst die "Bösen".
Was steckt dahinter? Im Winter werden Tiere zum Überleben verholfen,
damit man in der Jagdsaison genug zum Schießen hat. Das alles zum
Nachteil der Natur, da durch die Hege schwache Tiere, die sonst nicht
überleben würden, dazu beitragen das Genmaterial der Art zu schwächen.
Maßnahme: keine Jagd mehr
Hierbeit ist es egal, ob Kulturlandschaft oder nicht. Was die Wissenschaft
ganz klar aufzeigt, ist dass der Bestand nicht durch Beutegreifer geregelt
wir, die ohnehin schon von den Jägern ausgerottet wurden, sondern durch
die bestehenden Ressourcen (Nahrung, klimatische Bedingungen, Parasiten,
Konkurrenz, etc.). Außerdem wird die Zahl der Beutegreifer durch die Zahl
der Beute geregelt und nicht umgekehrt. Es ist schon erstaunlich, dass der
Mensch meint, die Natur könne sich nicht selbst regulieren. Das hat sie
seit Jahrtausenden getan.
Maßnahme: keine Jagd mehr
Beweise: Naturparks in Italien
* Sonderproblem Wildschweine
Die "Wildschweinschwemme" ist jägergemacht. Das hat bereits der
Vorstand des deutschen Jägerschaft, Prof. Vocke zugegeben. Durch
wahlloses Töten von Wildschweinen wird oft die Leitbache eliminiert.
Diese ist jedoch für die Sozialstruktur der Raute verantwortlich. Nur sie
kann die Empfängnisbereitschaft der anderen Bachen mit ihrer Erfahrung
steuern. Dies macht sie Verteilung von Phermonen.
Wildfleisch
Ob Wildfleisch sinnvoller ist, wage ich zu bezweifeln. In Deutschland z.B.
ist Wildfleisch oft so verstrahlt, dass es die zulässige Norm
überschreitet. Von Trichinen nicht zu sprechen.
Hasen werden mittels Bleischrot geschossen, oft nur verletzt (->
"glücklich" ??). Blei ist ein hochtoxisches Schwermetall. Hasen
werden deswegen nicht gerne gegessen.
Wußten Sie, dass viele Hasen nach einer Treibjagd in einer eigens
ausgeschaufelten Grube entsorgt werden?
Kürzlich wurde ein Transport mit Feldhasen aufgehalten, der für eine
Treibjagd bestimmt war.
"Glücklich" aufgewachsene Hasen? Wie schaut es mit den Fasanen
aus, die aus Fasanerien kommen, deren Schnäbel kupiert werden?
Glücklich? Damwild in Gattern gezüchtet? Glücklich? Etc. etc.
Stressfreies Töten kommt bei der Jagd übrigens selten vor. Gerade der
Schuß verursacht besonderen Stress und nur in ca. 40% der Fälle sind die
Tiere gleich tot.
Jährlich kommen zudem 150 Tonnen Bleischrot in unsere Natur. Das hat
nichts mehr mit dem "Naturfreund" Jäger zu tun.
Massnahme: kein Fleisch essen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit ein rein auf Fakten basierende Grundlage
bieten konnte, die es Ihnen vielleicht doch erlaubt von der Jagd
abzulassen. Schließlich gibt es keinen Grund mehr für die Jagd - außer
die Lust am Töten. Aber hierzu können Sie sich ja noch selbst
hinterfragen. Vielleicht konnte ich etwas dazu beitragen, was mich freuen
würde.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Nittmann
Initiative zur Abschaffung der Jagd
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