Bekenntnis
eines ehemaligen Jägers aus Sevnica (Slowenien)
«Die
Anzahl der Tiere wird von der Natur selbst im Gleichgewicht gehalten,
daher sind Jäger unnötig.»
37 Jahre lang war er ein Mitglied der Jägerfamilie von Sevnica, 22 Jahre
lang ein Mitglied ihres Verwaltungsausschusses und 12 Jahre lang
Vorsitzender des Ausschusses und der Gewehrkommission. Während dieser
Zeit tötete er eine grosse Zahl von Tieren, aber vor vier Jahren
beschloss er, für immer mit dem Jagen aufzuhören. Rudi Ameršek aus
Sevnica bezeichnet sich heute als bekehrten Mörder – seiner Ansicht
nach ist das Töten von Tieren ein Verbrechen. Da er nicht mehr so viel
Zeit damit verbringt, mit seinem Gewehrlauf auf Tiere zu zielen, bleibt
ihm mehr Zeit für Hobby und Familie. In Slowenien ist er für seine
einzigartigen handgefertigten Rebenskulpturen bekannt.
Der ehemalige Jäger Rudi Ameršek
(auf dem
Foto mit seiner Frau Slavka): Das Töten von
Tieren ist ein Verbrechen!
Welche
Erinnerungen haben Sie an Ihre ersten Jahre als Mitglied einer Jägerfamilie?
Um ein Jäger zu werden, musste ich gewisse Bedingungen erfüllen. Der
damalige Vorsitzende sagte zu mir: «Wenn du ein Jäger werden willst,
dann brauchst du einen Jagdhund!» Er verkaufte mir daraufhin einen Welpen
seines Jagdhunds, und ich musste meinen Mischling mit Giftgas töten. Wir
haben oft Ampullen mit Giftgas verwendet. Gewöhnlich warfen wir eine
solche Ampulle auf den Boden, und wenn ein Fuchs sie fraß oder durchbiss,
war er kurz darauf tot. Fuchspelz war damals sehr wertvoll, und manchmal
habe ich die ganze Nacht im Wald auf meine Beute gewartet. Heute schäme
ich mich dafür, dass ich früher Tiere getötet habe.
Was hat Sie dazu veranlasst, mit dem Ermorden von Tieren aufzuhören?
Meine Kinder aus meiner zweiten Ehe und meine gegenwärtige Frau Slavka
sagten mir schon seit Jahren, dass das Töten von Tieren unethisch ist.
Schliesslich verboten sie mir sogar, erlegte Tiere mit nach Hause zu
bringen. Das war ein Schock für mich. Jeder begeisterte Jäger ist stolz
auf seine Beute und möchte sie präsentieren. Ich habe das auch getan.
Nachdem ich die getöteten Tiere nicht mehr mit nach Hause bringen durfte,
schwand meine Leidenschaft für die Jagd langsam. Mit der Zeit begann ich
zu verstehen, dass die Jagd bloß eine Leidenschaft für das Töten von
Tieren ist. Frauen aus meiner Familie haben mein Herz für die Tiere geöffnet,
und heute kann ich mich als bekehrten Mörder bezeichnen.
Viele Jäger
behaupten, sie seien Tierfreunde.
Jäger und Tierliebe? Das ist lächerlich!
Jäger lieben Tiere nur, wenn sie sie essen. Jäger, die ohne Gewehr in
den Wald gehen, um die Tiere zu füttern, sind sehr selten. Es gibt eine Jägerweisheit,
die sagt alles: Ein Jäger ohne sein Gewehr ist wie ein Mann ohne seinen
Penis an seinem Hochzeitstag!
Jäger behaupten, dass sie Tiere töten, damit
diese nicht an Zahl zunehmen.
Die Natur braucht keine Jäger. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es
bestimmte Mechanismen gibt, die das Gleichgewicht in der Natur
aufrechterhalten; daher ist menschliche Einmischung in die Natur unnötig.
Wenn es in einem bestimmten Gebiet zu viele Tiere gibt, dann verringert
sich die Zahl der Geburten, oder eine Krankheit eliminiert die am
wenigsten widerstandsfähigen Mitglieder einer Spezies. Noch etwas, was in
Bezug auf die Anzahl der Tiere betont werden muss: Jägerfamilien geben für
ihr Revier oft eine größere Zahl von Tieren an, als dort tatsächlich
leben, damit die Jagdbehörde eine größere Zahl von Tieren zum Abschuss
freigibt. Ich kann bestätigen, dass das vorkommt.
Was ist das vorrangige Motiv der Jäger?
Nur Leidenschaft für das Töten und Selbstsucht. Wissen Sie, worüber Jäger
die meiste Zeit reden? Wie sie ein Tier geschossen haben, welche Art von
Trophäen sie besitzen, welche besser ist – sie vergleichen sich
miteinander, welcher Jäger das bessere Gewehr hat, welches Gewehr beim
Tier mehr Schaden anrichtet, welches die höhere Durchschlagskraft besitzt
… Manchen Jägern pocht vor Aufregung und Leidenschaft das Herz, wenn
sie ein Tier sehen oder wenn sich etwas in den Büschen bewegt. Diese
Aufregung kann auch Unfälle verursachen. Im letzten Jahr gab es bei der
Wildschweinjagd zwei Unfälle, bei denen ein Jäger einen anderen
anschoss. Ich kenne Jäger, die ihre Familien und Bauernhöfe vernachlässigten,
weil sie lieber auf die Jagd und hinterher in die Kneipe gingen. Manchmal
haben Jäger in der Kneipe sogar eine Schlägerei angefangen, weil einer
auf einen anderen eifersüchtig war, der ein höher angesehenes Tier
erlegt hat. Sogar die Polizei musste eingreifen. Ich will Ihnen eine
Geschichte erzählen, die verdeutlicht, wie sehr viele Jäger nach dem Töten
süchtig sind. Vor einigen Jahren erkrankte ein Mitglied unserer Jägerfamilie.
Ich schlug vor, ihn am Sonntag zu besuchen, anstatt jagen zu gehen. Die
meisten Mitglieder entschieden sich für die Jagd. Nur drei von uns gingen
unseren Freund besuchen. Sie nahmen es mir sogar übel, dass ich ihnen ihr
Jagdvergnügen (das Töten von Tieren) vorenthalten wollte.
Was ist mit den Trophäen?
Alles dreht sich um die schönste Trophäe. Genau wie andere Männer
schöne Autos oder Frauen lieben. Viele Jäger beschließen, die schönste
Hirschart zu töten, auch wenn dies manchmal verboten ist. Ihrer Meinung
nach lohnt es sich, einen Hirsch zu töten, der eine besonders schöne und
beneidenswerte Trophäe einbringt, auch wenn ihnen dafür ihre
Jagderlaubnis für zwei Jahre entzogen werden könnte.
Ich habe gehört, dass manche Jäger Schulen
besuchen und vor Schülern reden. Worüber sprechen sie?
Ja, das stimmt. Die Schulverwaltung lädt Jäger dazu ein. Vor einigen
Jahren besuchte ein Jäger sogar einen Kindergarten in Sevnica, und natürlich
sagte er den Kindern nicht, dass Jagd die Leidenschaft für das Töten von
Tieren bedeutet. Er erzählte den Kindern Märchen darüber, dass die Jäger
die Freunde der Tiere seien; er versuchte sie davon zu überzeugen, wie
gut die Jäger zu den Tieren seien, wie sie sich um sie kümmerten und wie
sehr die Tiere sie bräuchten.
Manche Bauern beklagen sich, dass wilde Tiere
ihre Ernte abfressen.
Wir haben nicht viele derartige Klagen erhalten. Die Leute haben sich öfter
darüber beklagt, dass Jäger ihre Katzen oder freilaufenden Hunde
erschossen. Sie haben sogar Enten erlegt, die einige Bauern in Wasserläufen
hielten. Wenn Jäger im Wald nichts schießen, werden Haustiere zu ihren
Opfern.
Welchen Rat geben Sie Jägern?
Ich rate ihnen, sich einem ethischeren Hobby oder Sport zuzuwenden. Sie
sollten ihr Gewehr verkaufen und sich stattdessen ein Fahrrad zulegen.
Gewehr bedeutet Töten, und Töten ist ein Verbrechen. Fischen ist auch
ein Verbrechen. Bei der Jagd stirbt ein Tier gewöhnlich sofort, aber beim
Fischen stirbt es nach minutenlangen, furchtbaren Qualen. Die Tiere wollen
mit den Menschen und der Natur in Harmonie leben. Meiner Ansicht nach
besteht ein weiteres Problem darin, dass die Menschen stärker in die
Natur eingreifen, als gut ist, und den Lebensraum der Tiere zunehmend
einschränken.
Welche Erinnerungen hat seine Frau Slavka an
diese bittere Zeit, als Rudi noch ein Jäger war?
Slavka: Manchmal war Rudi das ganze Wochenende außer Haus und auf der
Jagd. Die Jagd endete um zwei Uhr nachmittags, aber hinterher ging er oft
mit anderen Jägern in eine Kneipe, wo sie bis zum späten Abend blieben.
Manchmal kam ich um zehn Uhr abends nach Hause, und er war immer noch
nicht zurück. Ich mochte es nicht, wenn er betrunken nach Hause kam. Es
gibt eine Jägerweisheit: Wenn die Jagd an einem Sonntag stattfindet,
kommt ein echter Jäger am Montag nach Hause. In einigen Fällen führte
der Alkohol auch zu häuslicher Gewalt. Vor fünfzehn Jahren schenkte mir
Rudi einen Fuchspelz, den er selbst gegerbt hatte, von einem Fuchs, den er
selbst getötet hatte. Meine Tochter sagte mir, wenn ich ihn jemals tragen
und damit zur Schule kommen würde, würde sie vorgeben, mich nicht zu
kennen. Ich bin ebenfalls gegen das Tragen von Pelz, also musste Rudi ihn
verkaufen. Ich bin genauso gegen das Fischen, weil Fische sogar noch mehr
leiden. Ich verstehe nicht, wie man Sportfischen betreiben kann, wo
Fischer einen Fisch fangen und dann zurückwerfen. Ich bin sicher, dass es
Fischen nicht gefällt, einen spitzen Haken durch ihr Maul zu bekommen.
Ich erinnere mich an einen weiblichen Teenager im Botanischen Garten
Mozirski gaj, der in Ohnmacht fiel, als er einen furchtbar zugerichteten
Fisch sah, den ein Fischer aus dem Teich zog.
Quelle:
Zeitschrift Liberation of the animals, Juni 2006.
Übersetzung: Fabian Fricke
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