Wiener Zeitung 29.3.2012
Sehr geehrter Herr Nittmann!
Von allen Beiträgen auf der Doppelseite findet das Interview mit Ihnen
unsere ungeteilte Zustimmung. Ich bin kein 'Feind' der hauptberuflichen
Jagd, zumal unsere Hobbyjäger schon soviel Raubwild ausgerottet haben,
daß ein regulierendes Eingreifen durchaus nötig sein kann. Mein
Großonkel war Forst- und Güterdirektor bei einem der größten Betriebe in
der Steiermark und bei seinen ihm unterstellten ca. 40 hauptberuflichen
Jägern galt eine sehr unterschiedliche Ethik zu den heutigen
'Nobelmördern'. Angefangen von Trophäengeilheit bis zum Frustschießen
auf zahme Haustiere, weil man nichts anderes traf. Nichts anderes ist
das, als das Kompensieren von Defiziten und Komplexen. Daß sich auch
immer mehr Frauen als 'Flintenweiber' in solche Niederungen herablassen,
ist wohl eine Blüte falsch verstandener Emanzipation.- Ich wünsche Ihnen
weiterhin viel Erfolg bei Ihrem 'Kampf'!
Mit freundlichen Grüßen
R. R.
Gemeint war folgender Artikel in der Wiener Zeitung:
"Ein normaler Mensch würde nicht jagen"
Interview mit dem Gründer der "Initiative zur Abschaffung der
Jagd".
Von Wolfgang Zaunbauer.
"Wiener Zeitung":
Wieso sind Sie ein Gegner der Jagd?
Christian Nittmann:
Ich habe die "Initiative zur Abschaffung der Jagd in Österreich" im Jahr
2005 gegründet, weil ich selbst ein Tier- und Naturfreund bin. Es gibt
keinen Grund, der für die Jagd spricht.
Befürworter argumentieren etwa mit Wild- und Waldpflege.
Da wird viel Schindluder getrieben. Im Winter werden die Wildtiere
gefüttert, damit man im Sommer sagen kann: "Es gibt zu viele." Außerdem
gehen zum Beispiel die Rehe, die sonst am Waldrand leben, aufgrund des
Jagddrucks in die Wälder und knabbern da die Jungbäume an. Das ist also
ein selbstgeschaffenes Problem. In Italien gibt es einen Naturpark, in
dem seit 80 Jahren nicht gejagt wird - dort gibt es keine
Überpopulation.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Diskussion über Jagd und Korruption?
Nur 1,4 Prozent der Österreicher sind Jagdscheinbesitzer. Nur 5 Prozent
davon sind Berufsjäger, die einen Job zu erfüllen haben. Die restlichen
95 Prozent jagen nur der Hetz wegen. Denen macht es Spaß, Herr über
Leben und Tod zu sein. Und das sind auch alles Personen, die
wirtschaftlich und politisch sehr gut vernetzt sind.
Sehen Sie einen Automatismus zwischen Hobbyjagd und Korruption in
Österreich?
Es gibt Studien, die belegen, dass sich Personen, die sozial
bessergestellt sind, rücksichtsloser verhalten. Ein gewisses Einkommen
verleitet Leute dazu, gewisse Regeln zu ignorieren. So wie Apple-Chef
Steve Jobs, der jahrelang ohne Autokennzeichen herumgefahren ist -
einfach, weil es ihm egal war.
Das klingt fast so, als seien wohlhabende Jäger schlechte Menschen.
Wer schießt denn ein Tier? Nur 40 Prozent der Tiere sind gleich tot. Die
übrigen muss man nachsuchen, "knicken", ihnen also den Hals
durchschneiden oder nachschießen, dann muss man das Tier ausweiden. Da
sind die Leute bis zu den Ellbogen in den Gedärmen des Tieres. Wer tut
so etwas?
Sind Jäger verroht?
Meines Erachtens ja. Der verstorbene Psychoanalytiker Paul Parin sprach
von einer sehr schmalen Grenze zwischen Jagd und Mord. Da geht es um die
Lust am Töten. Ein normaler Mensch würde das nicht tun.
Information
Der promovierte Handelswissenschafter Christian Nittmann (51) ist
Inhaber und Geschäftsführer eines EDV-Unternehmens in Wien und Gründer
der "Initiative zur Abschaffung der Jagd in Österreich".
www.abschaffung-der-jagd.at
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