Die
Schizophrenie der Hubertus-Jünger
Pfarrer
segnen "Jagdstrecke" und die Waffen der Töter
"Ein
stattliches Hirschgeweih in den Händen zweier Jäger, zog die
Hegegemeinschaft in die Kirche ein. Das Geweih
hängten die Jäger feierlich an ein mit frischem Tann geschmücktes
Gestell in den Altarraum. Dann legten sie ihre Waffe nieder und nahmen die
Plätze im Kirchenschiff ein. (...) Nachdem man miteinander das Gebet
gesprochen hatte, erteilte der Pfarrer den Jägern und der Jagd den Segen
Gottes."
Quelle: Der Lust-Töter
So
und ähnlich wird heute über Hubertusmessen in der Presse berichtet. Wie
schizophren die Situation ist, wird deutlich, wenn man die Legende des
heiligen Hubertus kennt.
Der
Unsinn der Hubertusjagd
Die
aus der Dichtung und der bildenden Kunst bekannte Legende von einem
kreuztragenden Hirsch wurde ursprünglich dem heiligen Eustachius
zugeschrieben. Erst später seit dem 15. Jahrhundert, erfolgte auch die Übertragung
auf den heiligen Hubertus.
Gemäß der überlieferten Legende, wurde Hubertus um 655 als Sohn eines
Edelmannes geboren und starb im Jahre 728. Anfangs führte er ein eitles,
vergnügungssüchtiges Leben und war ein leidenschaftlicher Jäger. Als er
eines Tages bei der Jagd einen Hirsch aufgespürt hatte und ihn verfolgte,
um ihn zu töten, stellte sich dieser ihm plötzlich entgegen. Zwischen
seinem Geweih erstrahlte ein Kreuz, und in der Gestalt des Hirsches sprach
Christus zu ihm: "Hubertus, warum verfolgst du mich?" Hubertus
stieg vom Pferd und kniete vor dem Hirsch nieder. Von diesem Moment an
beendete er das Jagen und führte fortan ein einfaches Leben. Später
wurde er sogar Bischof zu Maastricht und Lüttich.
Soweit
die Legende. Nach seinem Erlebnis mit dem Hirsch hörte Hubertus also mit
der Jagd auf und wurde ein ernster Christ. Denn wahres Christentum und
Jagd passen einfach nicht zusammen. Bei seiner Begegnung mit dem Hirsch
wurde er nämlich vor die Wahl gestellt, entweder tötet er das Tier –
dann tötet er auch Christus – oder er tut dieses nicht und bekennt sich
zu Christus. Oder mit den Worten aus Matthäus 25,40 gesprochen: "Was
ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, dass habt ihr mir
getan".
Es steht auch nirgends geschrieben, dass Jesus Christus, den beide
Konfessionen sogar als Sohn Gottes verehren, jemals Tiere gejagt haben
soll. Das wäre auch sehr widersinnig, denn Gottes 5. Gebot lautet
"Du sollst nicht töten". Jede Jagd ist aber mit dem Töten
verbunden, daher fragte die Stimme aus dem Hirsch auch "Warum
verfolgst du mich?"; was bedeuten soll "Warum tötest du
mich?"
Trotz
alledem finden aber alljährlich am 3. November, dem Hubertustag, die so
genannten und von den Kirchen gesegneten Hubertusjagden statt. Anstatt den
heiligen Hubertus zum Schutzpatron der Tiere zu machen, ernannte die
Kirche ihn zum Patron der Jäger. Alle Jäger sollten sich aber den
heiligen Hubertus zum Vorbild nehmen und aufhören zu jagen.
Der Sinn der Hubertuslegende ist doch wohl dieser, dass der Mensch in
Einklang und Frieden mit der Natur und den Tieren leben soll. Er soll
nicht der Jäger, sondern der Beschützer und der Freund der Tiere sein.
Wie heißt es doch so schön bei Markus 16,15: "Gehet hinaus in die
ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen." Hiermit
ist sicherlich nicht das Jagen gemeint.
Quelle: Carsten Strehlow ZEITENWENDE Nr. 8, Okt. 2002 (Zeitschrift der
Tierschutzpartei Mensch - Umwelt - Tierschutz in Deutschland)
www.tierschutzpartei.de
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sonntag-sachsen.de vom 16.10.2007
Kirche
und Hubertusmessen
- Interview mit einem Pfarrer
Am
3. November ist Hubertustag. Vielerorts werden in diesem Zusammenhang
Jagdgottesdienste und Hubertusmessen gefeiert. Nach der Sicht des
Tierschutzes fragte Christine Reuther den Brandiser Pfarrer Ulrich Seidel.
Waren
Sie schon bei einer Hubertusmesse?
Seidel: Im Fernsehen
– wenn das zählt. Aber ich war dabei, wie sie einen Hirsch erschossen
haben. Jäger sagen zwar nicht »erschossen«, sondern »erlegt«, es fließt
auch kein Blut, sondern »Schweiß«. Man denkt gar nicht, dass wir uns in
Reichweite des 5. Gebotes befinden! Ich war öfter in »Jagdstuben«:
Umgeben von Geweihen, Zähnen und Tiermumien habe ich mich gefragt, was das
mit Freude an der Natur zu tun hat. Jagdzimmer sind Mausoleen, Stätten des
Todes, die tief in die Jägerseele blicken lassen.
Ist
die Jagd überhaupt ein Anlass, einen Gottesdienst zu feiern?
Seidel: Ein klares
Nein! Die Jagd ist ein höchst umstrittenes Hobby. Soll dieser Waffengang,
der Angst und Schrecken in Wald und Flur verbreitet, Anlass sein, Gott ins
Spiel zu bringen? Was ist Großes dabei, auf Tiere zu schießen, die völlig
wehrlos sind? Hier brechen tief liegende männliche Leidenschaften aus
Urzeiten durch. Ein Gottesdienst dazu erscheint mir blasphemisch.
Warum
feiern evangelische Gemeinden eine Messe für einen Heiligen?
Seidel: Der Heilige
ist nur ein Feigenblatt. Oft jedoch wird die Hubertuslegende in der Messe
ohne Pointe gelesen – wie absichtsvoll. Der Heilige hat jedoch, nachdem
Christus ihm als weißer Hirsch erschien, der Jagd und dem Töten völlig
abgeschworen. Wenn es so wäre, dass nach der Hubertusmesse einige der
versammelten Jäger ihrer blutigen Passion entsagten, hätte die Messe auch
diesen Namen verdient.
Hubertusmessen
werden auch als »Erntedank der Jäger« gesehen. Was sagen Sie dazu?
Seidel: Das ist
Sprachvernebelung. Gehen Sie auf eine Jagdmesse und sehen sich die Masse von
Trophäen an. Da sind die Gründe für die Jagd! Die deutsche Liste der
jagdbaren Arten ist eine der längsten in Europa. Inzwischen sind auch Tiere
dabei, die auf der Roten Liste stehen, so der Feldhase. Aber es werden pro
Jahr über 400 000 Mümmelmänner abgeknallt. Wie viele Tiere werden nur
angeschossen und verrecken irgendwo? Schöner Erntedank! Gegen die
Ansiedlung der Wölfe kommt der härteste Widerstand von den Jägern, warum
wohl? Ja, das unvergleichliche »Jägervergnügen« … Die Kirche sollte
sich offiziell von solchen Veranstaltungen distanzieren. Aber ich fürchte,
dazu fehlt ihr der Mut.
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